die uni klappt die bürgersteige hoch

"castor-transport", usta-magazin 06/99, september 1999


 

So sehr ich mich ja allzeit bemühe, niemandem Unrecht zu tun: es passiert mir immer wieder. So war es stets fest in meinem Hirn verwurzelt, dass die Uni sich ja um allen möglichen Mümpelkram kümmert, aber nicht um die Menschen, und schon gar nicht die Bürgerinnen und Bürger Karlsruhes. Aber ich musste mich wirklich eines Besseren belehren lassen, und zwar durch einen Bericht der Zeitung "Neues Deutschland".

"Die Zeitung Neues Deutschland" ist nun ja auch eine seriöse Quelle, meine ich im Hinterkopf zu haben, schließlich wurde sie noch vor ein paar Jahren quasi täglich in der Tagesschau zitiert; dass es jetzt etwas ruhiger geworden ist, liegt sicher an den Verflechtungen der bösen Medienwelt mit Rupert Murdoch und Leo Kirch, schließlich gibt es ja auch kein "Was bin ich" mehr. Auf jeden Fall lese ich da, dass Ingenieure des Instituts für Wasserwirtschaft und Kulturtechnik der Uni Karlsruhe endlich das entwickelt haben, was diese Stadt am Nötigsten braucht: den Bürgersteig zum Hochklappen.

Ich erwarte von dieser Neuerung einiges, erspart sie uns doch endlich die lästigen Diskussionen um verlängerte Ausschankzeiten und Lärmschutzgesetz. Karlsruhe könnte, noch mehr als bisher, ein sichtbares Zeichen setzen für Ruhe, Ordnung und Beschaulichkeit. Wie sehr werden wir uns alle mit der Badenmetropole identifizieren, wenn schwuppdiwupp um ein Uhr die Fußgängerwege von der Bildfläche verschwinden, quasi als Vorbild und Sinnbild des abendlichen Lebens - Kulturtechnik pur. Vom erwarteten Wirtschaftsaufschwung ganz zu schweigen, verspricht die Entwicklung doch ein Exportschlager zu werden für Paderborn, Anhalt, die Südpfalz und Bayrisch-Schwaben. Wie die Zeitung "Neues Deutschland" berichtete, haben Heidelberg, Speyer und Bernkastel schon Interesse angemeldet.

Höchstwahrscheinlich werden die Bürgersteige auch Wahlkampfthema, die CDU schnalzt ja geradezu mit der Zunge angesichts der Möglichkeit, mit hochklappbaren Bürgersteigen in Verkehrs-Notzeiten zwei weitere Fahrspuren für den Autoverkehr gewinnen zu können. Herr Fenrich, übernehmen Sie!

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(c) Lutz Frommberger, september 1999

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