ich habe da einen druck auf dem ohr

"castor-transport", usta-magazin 10/99, november 1999


 

Also ich bin krank. Und werd' nicht gesund. Zumindest habe ich da einen Druck auf dem Ohr, der nicht weggehen will. Das Ohr rauscht links. Manchmal ist das recht praktisch, wenn man irgendeinem Schwätzer nicht mehr zuhören will, lässt man ihn ins linke Ohr reden. Etwas ärgerlich ist, dass ich selbst nicht mehr verstehe, was ich sage, weil ich beim Sprechen ganz komische Resonanzeffekte in meinem Kopf habe. Wenn ich beispielsweise "Bullshit, ich hab Druck auf dem Ohr" sage, klingt das für mich ungefähr wie "Zwölf fröhliche Könige möchten öfter flöten." Außerdem hätte ich mir die Anschaffung einer Stereo-Anlage sparen können.

Jetzt hab ich in der Apotheke bei so einem lustigen Männchen ein Mittel gekauft, aber der hat mich verarscht: da ist gar kein Wirkstoff drin, nur "Schlüsselblumenblüten mit Kelch, gepulvert", "Gartensauerampferkraut, gepulvert" und sonstiges Unkraut, gepulvert. Kein bisschen Chemie! Und noch nicht mal Nebenwirkungen - konnte ich sofort wegwerfen.

Also geh ich doch zum Arzt, was bleibt mir übrig. Und nach stundenlanger Lektüre von "Tapp der Bär rettet einen Apfel" (noch nicht mal ein ADAC-Propagandablatt gibts da!) sitze ich dann endlich dem Doktor gegenüber. "Guten Tag, Arzt!" - "Guten Tag, Patient. Was haben wir denn?" - "Ich bin krank." - "Welcher Art sind Ihre Beschwerden?" - "Zwölf fröhliche Könige möchten öfter flöten." - "Gut, was macht Ihnen alles Spaß?" - Ich gebe Auskunft. - "Unterlassen sie das alles und kommen sie nächste Woche wieder." Meine verzweifelten Versuche, klarzustellen, dass ich mich versprochen habe und mir Saufen doch keinen Spaß macht und dass ich endlich Chemie will, verhallen ungehört. "Chemie gibt's in der Apotheke, hier gibt's nur kluge Sprüche. Der nächste, bitte." Unfähig, der Mann. Wenn der wüsste, was die Apotheken mit dem Biomüll wirklich machen ...

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(c) lutz frommberger, november 1999

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