ich werde kein geoökologe

"castor-transport", usta-magazin 02/99, mai 1999


 

"Nehmen Sie sich da noch eins mit!", sagt die Dame im Studierendensekretariat und deutet auf den Papierstapel, und dank all der Erfahrung meiner Vielzahl von Semestern lasse ich das natürlich lässig liegen. Sicher wieder so ein blöder Fragebogen mit Mulitple Choice, auf dem ich kundtun darf, wie prima ich das Wentil finde, nein danke. Und nichtswissend habe ich mir soeben meine berufliche Zukunft komplett verbaut: Ich werde nun doch kein Geoökologe.

Laut den Statistiken der Prüfungsabteilung der Universität hatte der Studiengang Geoökologie, wie ich gestern las, 1998 eine Hauptdiplom-Erfolgsquote von stolzen 137,7%. (Die Bauingenieure, zum Vergleich, können da nur 109,4% aufweisen, der Rest ist unter 100%.) Was da also zum Mitnehmen auslag, war also wohl ein Diplom in Geoökologie. Denn irgendwo müssen die die restlichen 37% Diplome ja hintun, die eigenen Studierenden reichen anscheinend nicht aus, und von einer Verlosung hätte ich gehört.

Geoökologie würde mir schon gefallen, das muss ja was sein mit Steinen und Grünzeug, wahrscheinlich Flechten züchten auf Felsbrocken. Irgendwofür muss es ja auch diese dämlichen Steingärten geben. Vielleicht gießt man auch nur die Steine und freut sich, dass die die Luft nicht verschmutzen, wenn sie nass werden. Und Gießen und mich freuen kann ich eigentlich ganz gut.

Also hätte ich besser mal auf die Dame gehört. Hören müssen jetzt auch alle Mitarbeiter in den Instituten, denn der Verwaltungsrat hat den Professoren nahegelegt, mit jedem Mitarbeiter ein Gespräch zu führen. Und zwar einmal jährlich. Die Geoökologen machen das sicher schon länger, anders sind diese Erfolgszahlen nicht erklärbar. "Und, Schröder, verschmutzen ihre Steine auch ja nicht die Luft?" - "Jäger heiße ich, Herr Professor!" - "Brav, Schröder, weitergießen, ich riech nächstes Jahr wieder rein."

Ich riech schon nächstes Semester wieder rein, und dann nehm ich mir so ein Diplom mit. Aber vielleicht liegen ja nächstesmal auch Magister für Geschichtsingenieurwesen aus. Das war ja schon immer mein Steckenpferd...

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(c) lutz frommberger, mai 1999

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