zu den studentischen protesten

ein leserbrief an die adresse des taz-bildungs"experten" christian füller. wahrscheinlich nicht veröffentlicht.


 

Es ist ein Ritual der taz geworden: Kaum zeigen sich in Deutschland mehr als drei Studierende öffentlich, darf Christian Füller direkt zweifach auf der Inlands- und Meinungsseite seine dumpfe und zumeist schlecht recherchierte Polemik gegen die ach so reichen und ach so egoistischen deutschen "Studenten" ablassen. Dabei verwundert es schon gar nicht mehr, dass es Herr Füller sogar schafft, 60.000 im strömenden Regen demonstrierende Studierende - immerhin 3% der deutschen HochschülerInnen - als "so wenig" zu bezeichnen. Als vor Wochen 100.000 brave Bürgerlein in Berlin gegen die Agenda 2010 loszogen, war die taz noch schwer beeindruckt - damals kein Wort darüber, dass das ein (noch deutlich geringerer) Bruchteil der Betroffenen war. Da ging es ja auch nicht um Studierende.

Wenn die Studierenden, wie Herr Füller sie sieht, doch ohnehin alle so reich sind, wenn sie doch sowieso alle nur möglichst schnell Karriere machen wollen, wenn sie doch nur möglichst wenig Konkurrenz haben wollen, dann würden sie eherfür Studiengebühren auf die Straße gehen und nicht gegen Regelungen und Entwicklungen opponieren, die sie zumeist gar nicht selbst, sondern vielmehr die nachfolgenden Studierendengenerationen betreffen. Ja, und an dieser einen Stelle hat Herr Füller sogar Recht, die Studierenden kommen fast nur noch aus den oberen Schichten. Aber ihr Widerstand richtet sich (zumeist zumindest) genau gegen dieses Missverhältnis, das sich stets weiter vergrößert. Wer in diesen Tagen mit Studierenden spricht, hört immer wieder "man wolle den ärmeren Schichten den Weg zur Hochschule nicht verschließen" - was kann daran so falsch sein? Protestiert wird gegen ein Studium, dass nur noch einer Verwertungslogik folgt, gegen Bildung, die nur noch als Investition in den eigenen Marktwert begriffen wird und nur innerhalb einer geschlossenen Kaste weitergegeben wird, gegen eine Gesellschaft, die sich durch ständige Konkurrenzunter den sozial benachteiligten Gruppen definiert, kurzum, gegen das Weltbild des Christian Füller. Vielleicht lässt sich sein Hass auf die Studierenden dadurch erklären. Unerklärlich bleibt mir dagegen seit jeher, wieso die taz-Redaktion seine stereotypen Pamphlete immer wieder drucken muss.

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(c) lutz frommberger, 16. dezember 2003

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