es könnte mal wieder brennen

"castor-transport", usta-magazin 03/99, juni 1999


 

Irgendwie hat es schon lange nicht mehr gebrannt. Nicht, dass ich mich beschweren möchte, aber so ein bisschen langweilig wirds ja doch, wenn das einzige, was an Rauch über den Campus zieht, der Abgesang irgendeiner lumpigen, vergessenen Kippe ist, und nicht das Chemie-Hochhaus. Das qualmt schon besser.

Karlsruhe ist ja voll langweilig. Da gehen Dutzende von bayrischen Kuhkäffern unter wie weiland Atlantis, der Rhein bei Karlsruhe meldet Rekordpegel, aber kein Tropfen Wasser in der Kaiserstraße, kein Deichbruch, keine weinenden badischen Hausfrauen mit Gummistiefeln. Der Stadtgründer war halt nicht weitsichtig genug, um direkt an den Rhein zu bauen. (So wissen sogar viele gebürtige Karlsruher gar nicht, dass ihre Heimatstadt an jenem sagenumwobenen Fluss liegt und wähnen sich im Schwarzwald oder im Ruhrpott.) Kein Hochwasser also - eine große Touristen-Attraktion leichtfertig verschenkt.

Keine Wirbelstürme... keine Lawinen... keine Meteoriteneinschläge... da hat's sogar TV Baden schwer, was Brauchbares zum Senden zu finden. Vielleicht könnte man die derzeit vorherrschenden Hitze als "El Niño" verkaufen und die globale Klimakatastrophe so der Badenmetropole zuschreiben. Aber schwüles Wetter ist marketingtechnisch uninteressant - es ist quasi unsichtbar, macht keinen Lärm, lässt sich nicht auf Postkarten oder Kaffeetassen drucken und, am allerschlimmsten, es verstümmelt niemanden. Das einzige, was es ist: es ist Scheiße. Und das dafür so richtig.

Um so mehr wundert es mich dann, dass nicht für selbstgemachte Katastrophen gesorgt wird, wie das andere Städte längst tun. Köln hat zum Beispiel den Karneval. Und Hannover die Cebit. Und Stuttgart die Schwaben. Und Karlsruhe? Hm. Da wirds eng. Heinz Fenrich vielleicht? Oder den KSC?

Auf jeden Fall könnte es wenigstens mal wieder brennen. Wir brennen drauf. Hohoho...

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(c) lutz frommberger, juni 1999

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